Sehr geehrter Bürgermeister, sehr geehrter Herr Middelberg, sehr geehrte Mitarbeitende der Verwaltung, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen des Rates, sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger,
den Entwurf des Haushaltsplans 2023 nannte der Bürgermeister handwerklich, wir nennen ihn „Rendezvous mit der Realität“.
Wir werden der Realität in den kommenden Jahren ins Gesicht blicken müssen. Die Kommunen haben viele Lasten zu schultern: Die Auswirkungen der Pandemie, gestiegene Energiekosten, die Sorge um Geflüchtete aus Kriegs- oder Krisengebieten, aber auch steigende Preise bei Bauvorhaben oder eine höhere Zinslast.
Ganz zu schweigen von der Klimakrise. Spätestens hier wird uns die Realität einholen – und dies eher früher als später. Vor kurzem wurde der aktuelle Bericht des Weltklimarates veröffentlicht. Wir werden uns an dieser Stelle besonders gründlich mit der Realität auseinandersetzen müssen. Und nein, das ist keine Ökodiktatur – das ist schlicht eine Notwendigkeit!
Ich gehe davon aus, dass wir alle für die Gemeinde Grefrath den besten Weg in die Zukunft finden wollen. Aus Sicht der Grünen heißt dies: Lasst uns einen klaren Schwerpunkt auf die Themen Nachhaltigkeit und Klimaschutz legen und denken wir diese überall mit!
Machen wir den Realitätscheck: Wofür geben wir Geld aus?
Wir investieren als Kommune in unsere Schulen. Das ist gut und nachhaltig und bei steigenden Zahlen der Schüler*innen auch notwendig. In diesem Jahr soll die Grundschule in Grefrath einen Erweiterungsbau bekommen. Hier werden ein kluges Regenwassermanagement sowie die teilweise Entsiegelung des Schulhofes berücksichtigt. Im digitalen Bereich sind unsere Schulen bereits gut ausgestattet und wir arbeiten weiter daran. Die nächste Herausforderung wird der Ausbau der OGS werden. Bis 2026 haben alle Schüler*innen einen Anspruch auf einen Betreuungsplatz.
Wir investieren in ein Rathaus. Dies war überfällig. Die Kommune als attraktiver und moderner Arbeitgeber ist ein zusätzliches Pfund, mit dem es sich zukünftig wuchern lässt. Dass nach den Prinzipien der zirkulären Kreislaufwirtschaft gebaut wird, haben wir bereits früher hervorgehoben. Wir sind der Meinung dies muss, genau wie Photovoltaikpflicht oder erneuerbare Wärmeversorgung, Standard für jegliche kommunale Neubauten werden. Auch eine nachhaltige Beschaffung sollte zum Pflichtprogramm zählen. Und ja, wir haben Photovoltaik auf kommunalen Dächern, aber längst noch nicht auf allen. Zum Thema CO2 – neutrale Verwaltung haben wir einen entsprechenden Antrag gestellt.
Wir investieren auch in die städtebauliche Entwicklung unserer Ortsteile – die neue Ortsmitte in Oedt ist fast fertig. Grefrath und Mülhausen sollen ebenfalls attraktivere Zentren bekommen. Da Attraktivität immer im Auge des Betrachters liegt, lässt sich über die Ausgestaltung trefflich streiten. Wichtig ist aber, dass die Richtung stimmt!
Nach einer langen Durststrecke, die vor allem dem Personalmangel geschuldet war, werden wir 2023 wieder Kanäle sanieren. Dies nicht zu tun hieße kommunales Vermögen verfallen zu lassen und eine Pflichtaufgabe zu vernachlässigen. Der Erhalt unserer Infrastruktur ist politische Weitsicht und dem Abwassermanagement wird in Zeiten zunehmender Starkregenereignisse zukünftig eine immer größere Bedeutung zukommen.
Insgesamt kommen in diesem Jahr rund 10 Millionen Euro für Hoch- und Tiefbaumaßnahmen zusammen. Zwei weitere große Posten sind Zahlungen an den Kreis in Höhe von gut 14 Millionen Euro sowie Personalkosten in Höhe von gut 7 Millionen Euro.
Aus unserer Sicht gut angelegt sind die 100.000 Euro für die Digitalisierung der Verwaltung. Abläufe werden hierdurch effizienter Unter dem Strich sparen wir Kosten, alleine schon dadurch, dass keine Archivräume im neuen Rathaus vorgesehen werden müssen.
Deutschlandweit stemmen die Kommunen Aufwendungen für Geflüchtete – finanziell und personell. An dieser Stelle ein großer Dank an die Verwaltung. Es war ein Kraftakt im vergangenen Jahr, die Unterbringung in Turnhallen zu vermeiden. Dank Unterstützung des Bauhofes aber auch aus der Bürgerschaft ist dies gelungen. Für 2023 sind 800.000 Euro in den Haushalt eingestellt – der Zuschuss des Landes beträgt weit weniger als die Hälfte.
Und wie steht es mit der Haushaltsrealität in Sachen Klimaschutz?
Im Produktbereich Umwelt kommen knapp 60.000 Euro zusammen. 10.000 Euro davon sind für das dringend notwendige Klimafolgenanpassungskonzept kalkuliert. Es sollen neue Förderprogramme aufgelegt und etwas für die Öffentlichkeitsarbeit getan werden. Auch ein Schulungsmodul für die Bürgersolarberater ist eingeplant.
Die Kommune hat sich gemeinsam mit den Gemeindewerken auf den Weg gemacht, um die Wärmenetze der Zukunft mit einem hohen Anteil an regenerativen Energien zu planen. Die kommunale Wärmeplanung ist ein wichtiger Schritt in Richtung Wärmewende. Davon werden alle Bürger*innen profitieren. Denn: Die privaten Haushalte haben auch in Grefrath mit rund 45 Prozent den größten Anteil am Endenergieverbrauch. Rund zwei Drittel davon entfällt auf die Wärme.
Das Klimaschutzmanagement soll Inhouse auf eine 100 Prozent Stelle aufgestockt werden und im Haushalt sind 20.000 Euro als Honorar für Beratungsleistungen der Gemeindewerke im Bereich Klimaschutz berücksichtigt.
In unserem Antrag zum Haushalt fordern wir ein zusätzliches Klimabudget. Dieses soll dem Klimaschutzmanagement über das Jahr die notwendige Rückendeckung für die Umsetzung des umfangreichen Klimaschutzkonzeptes geben. Es soll auch dafür sorgen, die richtige Reihenfolge für fundierte Entscheidungen einzuhalten. Es kann nicht sinnvoll sein, dass am Umweltausschuss vorbei mal eben Themen beschlossen werden, die noch gar nicht inhaltlich beraten wurden.
Für die Umsetzung des Klimaschutzkonzeptes sind zudem ausreichend personelle Kapazitäten dringend notwendig. Aus diesem Grund haben wir die Beantragung von Fördermitteln für eine dreijährige Projektstelle vorgeschlagen. Es geht jetzt darum, Maßnahmen zu bewerten und zu priorisieren und die besten Stellschrauben zu finden. Die Beteiligung und Aktivierung der Bürgerschaft ist eine weitere große Aufgabe des Klimaschutzmanagements. Wir brauchen einen guten Plan, um das gute Konzept umzusetzen. Der erste Schritt soll die Festlegung eines politischen Ziels zur Klimaneutralität sein.
Die Radinfrastruktur liegt uns im Sinne einer nachhaltigen Mobilität, besonders am Herzen. Daher auch an dieser Stelle die Forderung: Lasst uns Gelder hierfür bereitstellen, mit denen wir kleine Maßnahmen sofort umsetzen und große Maßnahmen entsprechend planen können.
Bei einem Gesamtbudget der ordentlichen Aufwendungen in Höhe von gut 37 Millionen Euro mit einem GAP von rund 1,4 Millionen Euro werden unsere Vorschläge den Haushalt nicht beschädigen. Im Gegenteil: Mit allen unseren Anträgen wollen wir dazu beitragen, eine nachhaltige Zukunft für Grefrath zu gestalten – immerhin haben wir Ideen dazu.
Und da wir gerade bei Anträgen sind: Zu unserem gemeinsamen Antrag mit SPD und GOVM für ein Kulturbudget möchten wir nur so viel sagen: Umgerechnet auf die Einwohnerzahl liegen die Ausgaben für den Sport bei mehr als 13 Euro und für Kultur bei 33 Cent je Einwohner. Es ist richtig wir sind eine Sport- und Freizeitgemeinde. Aber auch kulturelle Veranstaltungen haben einen hohen Freizeitwert und sind aus unserer Sicht förderungswürdig.
Kommen wir nun zum Rendezvous mit der Einnahmenseite
Zur Realität gehört hier: Die Steuereinnahmen, die mit Einkommensteuer, Grundsteuer, Gewerbesteuer etc. rund 53 Prozent unseres Haushaltes ausmachen, sind aufgrund der Pandemie deutlich gesunken. In diesem Jahr kalkulieren wir wieder mit ähnlichen Einnahmen wie vor Corona, für die folgenden Jahre rechnet die Kämmerei mit einem ordentlichen Plus. Ein insgesamt sehr optimistischer Ansatz – wir hoffen sehr, dass dies so eintritt. Umso wichtiger ist es aus unserer Sicht alle Möglichkeiten zu nutzen, Fördergelder für ohnehin geplante Projekte zu generieren. Wir halten es für effizienter und eine Entlastung für die Mitarbeitenden hierfür ein Fördermittelmanagement einzurichten und haben entsprechende Vorschläge in unserem Antrag zum Haushalt gemacht.
Blicken wir auf die Fortschreibung der Ergebnisse bis 2026 ist die Botschaft eindeutig: Wir sind auf dem direkten Weg in die Haushaltssicherung. Wir werden also nicht umhinkommen weiter Prioritäten (unsere sind klar) zu setzen und Optimierungsmöglichkeiten zu finden. Mit letzterem sollten wir nicht bis zur Erstellung des nächsten Haushaltsplans warten.
Leider nur Wunschdenken und somit keine Realität ist der folgende Satz
„Wir begrüßen an dieser Stelle ausdrücklich den einleitenden Vorbericht, in dem Bürgermeister und Kämmerer die Haushaltsplanung aus ihrer Sicht zusammenfassen, wesentliche Veränderungen zu den Vorjahren herausstellen, Kennzahlen bewerten und einen Ausblick auf die künftige Entwicklung geben.“ Dies hätten wir gerne gesagt, aber leider fehlen Erläuterungen im vorliegenden Haushaltsentwurf fast gänzlich. Wir geben der Verwaltung dies als Aufgabe für den kommenden Haushaltsplan mit.
Zum Schluss ein kurzes Wort an unsere Kolleg*innen in den anderen Fraktionen: Im Verlaufe der Beratungen haben wir häufig den Satz gehört: „Der Haushalt ist kein Selbstbedienungsladen“. Da geben wir Ihnen vollkommen Recht. Wer sich hier woran bedienen soll, ist uns allerdings nicht ganz klar. Die Themen Nachhaltigkeit und Klimaschutz an allen Punkten einzufordern sehen wir jedenfalls nicht als Selbstbedienung, sondern als Pflicht gegenüber zukünftigen Generationen an. Was wir ebenfalls immer wieder hören ist „Klimaschutz muss Spaß machen“. Ich fürchte, über diesen Punkt sind wir längst hinaus. Es geht nicht um Spaß sondern schlicht um Notwendigkeiten. Klimaschutz kann Spaß machen, zum Beispiel bei gemeinsamen Aktionen wie jetzt „Putzmunter“ am Wochenende. Wenn wir aber nur den Klimaschutz betreiben, der Spaß macht und nicht den, der notwendig ist, sieht die Zukunft unserer Kinder und Enkel ganz sicher nicht mehr spaßig aus.
Wir haben es in den vergangenen Jahren gesagt und wir sagen es wieder. Wir werden nicht umhin kommen als Gesellschaft unser Anspruchsverhalten zu hinterfragen und umzudenken. Der Klimaschutz wird uns etwas kosten. Wenn wir weitermachen wie bisher, wird uns dies noch mehr kosten. Als Kommune, aber auch jeden und jede Einzelne von uns. Und wir dürfen eins nicht vergessen: Als Gemeinderat entscheiden wir stellvertretend für die jüngere Generation, die zu Recht hohe Erwartungen an uns hat.
Wofür wir als Grüne im Rat der Gemeinde Grefrath uns einsetzen und auch zukünftig einsetzen werden ist ein generationengerechter Haushalt mit einem ganz klaren Schwerpunkt auf Klimaschutz und Nachhaltigkeit. Das ist unser persönliches „Rendezvous mit der Realität.“
Wir bedanken uns bei der Kämmerei für die Aufstellung des Haushaltsplans und die geduldige Beantwortung unserer Fragen dazu.
Ihnen allen vielen Dank fürs Zuhören!
Maren Rose-Hessler, Fraktions Co-Vorsitzende, Bündnis 90 / Die Grünen