Seit einiger Zeit geistert das sogenannte Freihandelsabkommen oder TTIP durch die deutsche Medienlandschaft. Beim TTIP handelt es sich um ein bilaterales Freihandelsabkommen zur Investitions- und Handelspartnerschaft zwischen der EU und den USA. Das klingt erst einmal nicht so, als ob dies etwas mit der kleinsten Gemeinde im Kreis Viersen zu tun hätte. Dass das Transatlantische Investitions- und Freihandelsabkommen TTIP auch Auswirkungen auf die Städte und Gemeinden haben wird scheint eindeutig. Die Frage ist nur, wie diese Auswirkungen aussehen werden. Beim TTIP geht es nicht nur um Warenhandel, sondern in erheblichem Maße auch um den Handel mit Dienstleistungen. Darunter auch öffentliche Dienstleistungen, für die in vielen Fällen in Deutschland die Kommunen zuständig sind. Somit ist damit zu rechnen, dass TTIP Einfluss darauf haben wird, welche Dienstleistungen zukünftig noch von unseren Gemeinden selbst erstellt werden dürfen, welche Dienstleistungen in einem Wettbewerbsverfahren ausgeschrieben werden müssen und unter welchen Bedingungen. Darüber hinaus ist zu befürchten, dass die Entscheidungsfreiheit der Kommunen eingeschränkt wird, weil Schadensersatzansprüche von Investoren befürchtet werden müssen.
Beim Freihandelsabkommen wird im Bezug auf Dienstleistungen auch über Negativlisten verhandelt. Alle Dienstleistungen, die auf diesen Listen stehen, werden nicht dem Markt geöffnet. Für alle anderen muss freier Marktzugang gewährleistet werden. Darunter fallen die Bereiche Bildung, Kultur, Wasser und Abwasser. Zum Beispiel im Bereich des Wassers würde das die Privatisierung der Wasserversorgung durch die Hintertür bedeuten. Auch die bäuerliche Landwirtschaft würde geschwächt werden und gentechnisch veränderte Pflanzen müssten zugelassen werden.
Einen weiteren großen Einfluss hätte das Freihandelsabkommen auf die Ausschreibungspflichten. Kommunen müssten, z. B. bei Sanierungsmaßnahmen, den Auftrag dem Unternehmen geben, welche das wirtschaftlichste Angebot unterbreitet. Ökologische Faktoren, Ortsansässigkeit oder soziale Aspekte dürften bei der Vergabe keinerlei Einfluss mehr haben. Auch kulturelle Leistungen, Bildungsleistungen oder Leistungen der Jugendhilfe müssten ausgeschrieben werden.
Auch die Vertragsvereinbarungen zum Investorenschutz haben Auswirkungen auf den politischen Handlungsspielraum von Kommunen. Wenn die Bürgerinnen und Bürger in ihrer Gemeinde beispielsweise kein Fracking haben möchten, können Investoren die Gemeinde vor ein Schiedsgericht bringen und Schadensersatz fordern. Damit wäre zu befürchten, dass eine Kommune es sich sehr genau überlegt, ob sie Umweltauflagen verschärft oder bestimmte Regularien in Bebauungspläne schreibt.
Auch wenn die hier angesprochenen Punkte manchem als abstrakt und weit weg vom täglichen Leben erscheinen, wehren sich immer mehr Städte und Gemeinden gegen TTIP. Unterschiedliche kommunale Spitzenverbände warnen in Stellungnahmen vor den Auswirkungen des Freihandelsabkommens. Die Gemeinden sind Grundlagen des demokratischen Staatsaufbaus und fördern das Wohl ihrer Einwohnerinnen und Einwohner in freier Selbstverwaltung durch ihre von der Bürgerschaft gewählten Organe. Wir sollten alle dafür kämpfen, dass dies auch so bleibt. Denn was im TTIP einmal vertraglich vereinbart ist, ist nahezu nicht mehr rückgängig zu machen. Aus diesem Grund haben wir einen Antrag zur Verabschiedung einer Resolution gestellt. Es ist wichtig sich zu positionieren.
©2014 je – Grafiken der Attac TTIP-Kampagne