Oder: Die magische Glaskugel im Edith-Stein-Haus
Es ist wieder soweit: Die Kommunalwahl steht vor der Tür. Die finanziellen Vorzeichen unserer Gemeinde sind denkbar schlecht und eine Besserung ist auch mit harten Sparmaßnahmen nur schwer möglich. Was also macht die CDU als stärkste Partei im Gemeinderat? Richtig! Reflexartig werden, wie vor jeder Kommunalwahl, die Spendierhosen angezogen. Da genehmigen sich CDU und FDP ohne jegliche konzeptionelle Grundlage ein Wahlgeschenk in Höhe von 327.000 Euro. Ein zweiter Kunstrasenplatz, bei dem nicht geklärt ist, ob überhaupt in Zukunft noch genügend Spielerinnen und Spieler zur Verfügung stehen. DIE GRÜNEN Grefrath schlugen daher vor, den schon seit Jahren geplanten Sportentwicklungsplan als ersten Schritt umzusetzen. Denn welche Sportstätten und Sportangebote benötigt unsere überalternde Gemeinde überhaupt? Da scheint es doch tatsächlich eine magische Glaskugel im Edith-Stein-Haus zu geben, in dem sich die Antworten auf diese Fragen den Politikerinnen und Politikern der CDU offenbaren. Uns GRÜNEN wäre eine fundierte Analyse in Form eines Sportentwicklungsplanes lieber gewesen.
Hätte dieser ergeben, dass ein Kunstrasenplatz erforderlich ist, hätten wir uns dem nicht widersetzt. An dieser Stelle ganz klar: Wir möchten uns diesem Vorhaben nicht generell in den Weg stellen. Doch die hohe sechsstellige Investition für den Kunstrasenplatz zahlt letztlich die Allgemeinheit, also auch die Menschen, die weder Fußball noch eine andere vereinsgebundene Sportart ausüben, sondern sich auf eigene Kosten und Initiative sportlich betätigen – oder keinen Sport treiben. Schon allein aus dieser Argumentation heraus sind wir es den Bürgerinnen und Bürgern der Gemeinde schuldig, VORHER in Form eines Sportentwicklungsplanes zu klären, welcher Bedarf tatsächlich vorhanden ist. CDU und FDP wollen keinen Sportentwicklungsplan und legen keinen Wert auf eine intensive Prüfung und Beratung. Dazu bleibt natürlich auch keine Zeit, schließlich sind in drei Wochen Kommunalwahlen. Welcher andere Schluss bleibt daher überhaupt möglich, als hier von einem Wahlgeschenk zu sprechen?
Das „Planungsbüros Geo 3“, das über 40 Kunstrasenplätze realisiert und abgerechnet hat, beziffert die Kosten eines Kunstrasenplatzes zwischen 350.000 und 700.000 Euro (je nach Substanz der vorhandenen Anlage und Nebenanlagen) und weist darauf hin, dass die Errichtung eines Kunstrasenplatzes nur bei hoher Ausnutzung von mindestens 14 Mannschaften als sinnvoll angesehen werden kann. Wir GRÜNE haben nie in Frage gestellt, dass ein Kunstrasenplatz deutlich mehr Stunden bespielt werden kann. Dieser Punkt stand nie zur Debatte und ist auch eindeutig belegt. Aber ebenso belegt ist auch, dass ein Kunstrasenplatz bei einer angemessenen Pflege und Unterhaltung nur etwa 10 bis maximal 15 Jahre hält. Die Stadt Aachen lässt die Spielfläche von Hertha Walheim austauschen. Der Kunstrasen dort hielt gerade einmal sieben Jahre. Aber in sechs Jahren sind ja wieder Kommunalwahlen, also kann dann wieder Geld verteilt werden.
Unabhängig von den Planungs- und Baukosten kommen aber auch Folgekosten auf die Gemeinde zu, die zwar von CDU und FDP verschwiegen werden, doch auch wenn sie in der Glaskugel im Edith-Stein-Haus nicht auftauchen, spielen sie in der Realität eine gewichtige Rolle. Je nach Größe des Spielfeldes kostet die Entsorgung eines Kunstrasenplatzes zwischen 25.000 und 35.000 Euro. Eine neue Spielfläche inklusive Sand und Gummigranulat kosten 170.000 bis 250.000 Euro. Das macht eine Gesamtsumme von 195.000 bis 285.000 Euro, die Grefrath mindestens alle zehn bis 15 Jahre ausgeben muss. Welche Kosten übernehmen die Vereine? Welche Möglichkeiten für Zuschüsse bestehen? Wurden schon Angebote eingeholt? Woher kommt die Gesamtsumme von 327.000 Euro? Wir GRÜNE fordern daher, diese Fragen VORHER zu klären und nicht in der Glaskugel nach Antworten zu suchen.
Darüber hinaus müssen die noch anzuschaffenden Pflegegeräte auch mindestens alle 25 Jahre erneuert werden. Wohlgemerkt, das alles ohne genau zu wissen, wohin sich die Sportlandschaft in Grefrath entwickeln wird. Die von der CDU gebetsmühlenartig betonte „wirtschaftliche Vernunft“, gilt anscheinend nur bei Projekten der anderen Fraktionen, nicht bei deren eigenen. Auf der einen Seite werden Gebühren für Geschwisterkinder in der offenen Ganztagsschule eingeführt und auf der anderen Seite eine halbe Millionen Euro für einen Kunstrasenplatz genehmigt. Ja, das ist wohl die in Grefrath plakatierte „Soziale Fairness“ der CDU!
Ein Punkt, der in der ganzen Diskussion gar keine Rolle spielt, für uns GRÜNE aber nicht unerheblich ist, ist der ökologische. Für 7.500 qm Kunstrasen werden 91 Tonnen Kunststoff benötigt. 2011 war dazu noch die Rede davon, dass es bei der Umwandlung des Tennenplatzes Probleme mit den Bäumen geben würde, die unmittelbar an den Tennenplatz heranragen. In Bracht, wo es ähnliche Verhältnisse gab, wurden 60 Bäume gefällt. Wir sind es also nicht nur den Bürgerinnen und Bürgern schuldig, sondern auch der Umwelt, uns auf Fakten zu stützen und nicht auf Weissagungen.
Sie, als Bürgerin und Bürger, sollten sich selbst informieren. Benutzen Sie die Suchmaschinen und recherchieren Sie die tatsächlichen Kosten für Kunstrasenplätze in Nordrhein-Westfalen (u. a. Heilbronn, Kempen, Monheim, Grevenbroich, Witzhelden, Korschenbroich, Herzkamp, Kaarst und Sprockhövel um nur einige zu nennen). Viele Kalkulationen erwiesen sich letztlich als falsch. Vertrauen Sie nicht auf die Glaskugel im Edith-Stein-Haus, sondern machen Sie sich selbst ein Bild!
Als Alternative – Dies wäre das Konzept von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN GREFRATH gewesen:
- Erstellung eines Sportentwicklungsplanes
- Bei der Feststellung eines Kunstrasenplatzbedarfs: Planungen und Beratungen mit den Parteien, Verwaltung und Vereinen
- Gutachten über die aktuelle Anlagensituation, u. a. durch Bodenproben
- Aufstellung eines Finanzierungskonzepts aus Gemeindemitteln, Vereinsleistungen und eventuell zu beantragenden Fördergeldern
©2014je
Aktueller Stand:
22.09.2014: „Der Bürgermeister erläutert ausführlich die Vorlage, aus der die Notwendigkeit der Schaffung des Kunstrasenplatzes hervorgeht, die u. a. mit der gleichbleibenden hohen Zahl der Mitglieder (auch der Kinder und Jugendlichen) begründet wird.
Die Fraktion Bündnis90/DieGrünen sieht das nicht so. Aufgrund des demografischen Wandels reduziert sich die Zahl der Kinder und Jugendlichen. Es sollte abgewartet werden, wie die Lage in ein paar Jahren ist. Die eingesparten Mittel könnten an anderer Stelle besser eingesetzt werden. Die Fraktion regt an, dass alle Vereine Kinder nicht so finanzstarker Eltern kostenlos als Mitglied aufnehmen bzw. an Trainingsstunden teilnehmen lassen.
Die SPD-Fraktion ist ebenfalls noch nicht davon überzeugt, dass die Umwandlung des Tennen- in einen Kunstrasenplatz nötig ist. Ihr fehlen auch aussagekräftige Zahlen.
Die CDU-Fraktion ist dafür, die Ausschreibung vorzubereiten (Mittel für Planungskosten stehen im Haushaltsplan 2014 bereit) und den Pachtvertrag über den Vinkrather Sportplatz zu kündigen. Einerseits könne man so beträchtliche Mittel einsparen und gleichzeitig die Spielsituation erheblich verbessern.
Nach sehr ausführlicher Diskussion wird das Thema ohne Beschluss beendet.
Es erfolgt eine kurze Pause, in der die meisten Zuschauer den Sitzungssaal verlassen.“
(Quelle: Niederschrift über die 1. Sitzung des Sport- und Kulturausschusses am 22. September 2014)
16.09.2014: In unseren Fraktionssitzung hatten wir den 1. Vorsitzender des SV Grefrath 1910 e.V., Bernd Lommetz zu Gast. Nach einer ausführlichen Darstellung der Vereinsentwicklung, des geplanten Vorhabens und der Zukunftsaussichten, entwickelte sich eine lebhafte Diskussion, in der viele neue Aspekte ausgetauscht werden konnten. An dieser Stelle möchten wir Herrn Bernd Lommetz danken, sich zu diesem Gedankenaustausch angeboten zu haben. Hier eine kurze Zusammenfassung des Inhalts: Herr Lommetz ist mit der Presseberichterstattung teilweise nicht zufrieden, da aus seiner Sicht viele unkorrekte Aspekte verbreitet wurden. Die Umwandlung von Asche auf Kunstrasen kostet ca. 300.000 Euro. Da der Untergrund bereits 2006 erneuert wurde, müsste lediglich eine Platzkürzung wegen Sicherheitsabständen vorgenommen werden. Von der Entsorgung der alten Asche würde der Verein eher Abstand nehmen, da es ungewiss ist, ob die kontaminiert sei. Es gäbe aber nicht nur die Muskelhypothek, sondern auch eine finanzielle Beteiligung. Einen Kapazitätsgewinn gäbe es jedoch nicht im Trainingsbetrieb. Im Bereich des Morgens und Vormittags wäre auch eine Benutzung durch die Schulen und die Bevölkerung möglich. Aus Sicht von Herr Lommetz ist bei guter Pflege durchaus eine Haltbarkeit von 25 Jahren möglich.
(Quelle: Sitzungsprotokoll der öffentlichen Fraktionssitzung vom 16.09.2014)
28.07.2014: „Vor diesem Hintergrund beantragen wir die von der Kommunalaufsicht geforderte betriebswirtschaftliche Bewertung des Umbaus des Tennenplatzes in einen Kunstrasenplatz in der nächsten Sitzung des Sport- und Kulturausschusses (SKA) auf die Tagesordnung zu nehmen. Hierzu wird die Verwaltung gebeten, die verschiedentlich diskutierten Eckpunkte (Umbaukosten, Pflegekosten, Nutzungsstunden, Betriebskosten, Pacht etc.) der beiden Varianten ausführlich und vollständig darzustellen, damit die betriebswirtschaftliche Vorteilhaftigkeit der Kommunalaufsicht und den Bürgern vermittelt werden kann.“
(Quelle: Antrag der CDU vom 28.07.2014)
09.07.2014: „Die Errichtung eines Kunstrasenplatzes im Haushaltsjahr 2015 ist unter Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten zu bewerten und nur vertretbar, wenn sie dauerhaft keine zusätzlichen Aufwendungen im Vergleich zum derzeitigen Zustand verursacht.“
(Quelle: Schreiben der Kommunalaufsicht vom 09.07.2014)