Sehr geehrte Mitbürgerinnen und Mitbürger,
sehr geehrter Herr Bürgermeister und Vertreter der Verwaltung,
liebe Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderates,
die Ausgleichsrücklage ist im dritten Jahre des neuen kommunalen Finanzmanagements zu großen Teilen aufgebraucht und zukünftige Verluste wüssen wohl oder übel aus der allgemeinen Rücklage gedeckt werden. Um in den nächsten Jahren ein Haushaltssicherungskonzept zu verhindern, stehen wir jetzt vor der Aufgabe, unsere eigenen Ansprüche genau anzuschauen, um dann mit den knapper werdenden Ressourcen nachhaltig umzugehen: bei den Finanzen, in der Umwelt- und Energiepolitik, bei Fragen der sozialen Sicherung und nicht zuletzt bei Bildung und Kultur.
Zusätzlich zu dem hausgemachten Anteil an der finanziellen Misere kommen dann noch Bund, Land und Weltwirtschaftslage. Sanierung der höheren staatlichen Körperschaft geht vergleichweise leicht, wenn die Aufgaben auf die Kommunen übertragen werden können, ohne dass diese mit soliden Einnahmequellen ausgestattet werden. Dies war und ist Jahrzehnte lange Praxis.
Die nunmehr für Bund und Land eingebaute Schuldenbremse wird diesen Effekt noch verstärken. In die erlaubten Verschuldungsquoten werden nämlich nur die Schulden des Bundes und der Länder einberechnet. Wie kann in einem solchen System die Einhaltung der Grenzen erreicht werden? Wir ahnen es: Die Kommunen werden letztlich den Preis zahlen.
Zu diesen Faktoren kommt ein weiterer. Alles hat seinen Preis. Ein einfacher und scheinbar selbstverständlicher Satz. In der Politik und der öffentlichen Diskussion ist er aber zu großen Teilen noch nicht angekommen. Kostenlos kann eine Kommune keine Leistungen erbringen. Wer eine leistungsfähige soziale und technische Infrastruktur haben will, wer in einer Stadt mit funktionierenden Kindergärten, Kulturangeboten, Sportstätten, Bildungs- und Freizeiteinrichtungen leben will, wer die Gewissheit haben will, dass die Strom- und Wasserlieferung auch morgen noch durch taugliche Leitungen kommt und dass Straßen und Kanäle in Ordnung sind, der muss dafür einen Preis zahlen. Viel zu lange haben Politikerinnen und Politiker aller Couleur Steuersenkungen und Leistungssteigerungen versprochen, ohne dies den Bürgerinnen und Bürgern zu vermitteln.
Dadurch haben wir aktuell zusätzlich ein Mentalitätsproblem: Bei vielen Menschen ging das Bewusstsein dafür verloren, dass eine gesunde Stadt mit einer intakten Infrastruktur nicht für lau und auf Pump zu haben ist.
Was bedeutet das für die Haushaltspolitik in Grefrath?
Wir brauchen zunächst eine Verständigung darüber, was diese Gemeinde leisten muss. Wir müssen definieren, was wir den Bürgerinnen und Bürgern kostenlos zur Verfügung stellen müssen, was wir subventionieren müssen und was wir zwar nicht bezuschussen, aber dennoch vorhalten wollen. 8Anmerkung der Redaktion
Wir brauchen also ein strategisches Konzept für diese Stadt. Das ist die eigentliche politische Arbeit. Dieses Konzept entsteht aus dem Leitbild der Stadt, aus den politischen Überlegungen von Ratsmehrheiten, aus Diskussionen in und mit der Bürgerschaft.
Letzteres ist dabei besonders wichtig. Die Bürgerschaft, die Einwohnerinnen und Einwohner Grefraths sind es, die die Leistungen in Anspruch nehmen und für die wir sie erbringen. Sie sind es auch, die für diese Leistungen zahlen. Über Steuern, mit denen die Solidargemeinschaft Gemeinde zum Ausdruck bringt, dass jeder seinen Beitrag nach der eigenen Leistungsfähigkeit in das Wohl der Gemeinde einbringt. Über Gebühren, die dem Nutznießer nach dem Verursacherprinzip auch die Kosten aufgeben.
Wer zahlt, muss auch bestimmen.
Wenn die Bürgerinnen und Bürger zahlen sollen, dann ist es nur recht und billig, sie ernsthaft in die Entscheidungsfindung mit einzubeziehen. Nur so werden wir eine Abwägung erreichen können, die von den Menschen in dieser Gemeinde akzeptiert wird.
Daher haben wir beantragt, dass für 2012 einen Betrag von 10.000,- € zur Verfügung gestellt wird, um mit den Planungen für einen Bürgerhaushalt ab 2013 zu beginnen.
Gleichsam haben wir mit unserem Haushaltsbegleitantrag beantragt zukünftigen Haushaltsentwürfen einen Subventionsbericht beizufügen. Denn nur so ist es möglich, dass wir in einen offenen Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern unserer Gemeinde treten können. Größtmögliche Transparenz des Haushaltes ist ferner Voraussetzung dafür, dass die dann vorhandenen Möglichkeiten durch die Bürgerschaft auch wahr genommen werden.
Neben der Transparenz des Haushaltes und der Bürgerbeteilung brennt uns weiterhin auch das Thema Umweltschutz auf den Nägeln.
Hier wollen wir erreichen, dass Haushaltsmittel für die Teilnahme am European Energy Award bereit gestellt werden. Denn trotz aller bisher erfolgten Maßnahmen zur Energieeinsparung nehmen die Energiekosten weiterhin eine der Spitzenpositionen auf der Ausgabenseite ein. Die Teilnahme am European Energy Award und vor allem die im Laufe des Verfahrens zu führenden Gesprächsrunden sehen wir als Chance, die vorhandenen Energiesparpotenziale koordiniert und professionell aufzudecken und auch auszuschöpfen. Ein mögliches Ziel (neben der Auszeichnung mit einem Award) dieses Prozesses könnte ein kommunales Klimaschutzkonzept für die Gemeinde Grefrath sein.
Doch ist es hier wie bei dem oben dargestellten Bürgerhaushalt; wir alle gemeinsam müssen mit der Verwaltung zusammen die Voraussetzungen schaffen, dass die Mittel nicht bloß für Alibi-Veranstaltungen ausgegeben werden, sondern dass die von allen Parteien mitgetragenen Ziele erreicht werden.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit