Standpunkt zu OGS-Beiträgen für Geschwisterkinder

Der Beschlussentwurf der Verwaltung sieht einige Punkte vor, um mehr Geldmittel für den Mehrbedarf der OGS zu akquirieren.

  1. Die Anzahl der OGS-Plätze, auf die im Schuljahr 2014/2015 benötige Zahl, wird erhöht (voraussichtlich um insgesamt 22).
  2. Elternbeiträge für Geschwisterkinder werden eingeführt, und zwar mit halbem Beitrag. Ist für ein Kind das 3. Kindergartenjahr beitragsfrei, wird der volle OGS Beitrag für ein Geschwisterkind erhoben.
  3. Alle Beiträge werden um 5 % erhöht, mit Ausnahme des Höchstbeitrages von 150,00 € (die Erhöhung beträgt pro Monat zwischen 1,50 und 5,75 €).
  4. OGS-Plätze werden nur Berufstätigen zugeteilt. Es ist ein Nachweis zu erbringen; bei Paaren von beiden Erziehungsberechtigten.

Von 8 Kommunen die im Kreis Viersen, die Elternbeiträge erheben, nimmt die Hälfte keine Gebühren für Geschwisterkinder. Schwalmtal, als eine Kommune die Gebühren für Geschwisterkinder erhebt, hat diese aber dann auch auf eins begrenzt. Ab dem 2. Geschwisterkind wird in der OGS in Schwalmtal kein Beitrag erhoben. Nettetal nimmt Gebühren für Geschwisterkinder, hat aber im Allgemeinen geringere Elternbeiträge. In Niederkrüchten, in dem ebenfalls Beiträge für Geschwisterkinder erhoben werden, liegt aber die 1. Einkommensstufe um 3000 Euro höher, als in der Gemeinde Grefrath (vgl. Gemeinde Grefrath 2014: Sitzungsvorlage Nr. S 176-1 V ). Dadurch wird vorab schon eine Grenzlinie gezogen.

Auch wenn der demographische Wandel dazu führt, dass immer weniger Kinder in unserer Gemeinde geboren werden, lässt sich doch prognostizieren, dass die Quote der Kinder die in den Genuss der offenen Ganztagsschule kommen sollen eher steigen als sinken wird. Die Zunahme Alleinerziehender, der Ausbau des Niedriglohnsektors, der „Druck auf die umlagefinanzierten Sozialversicherungssysteme“ (pkv.de) und die daraus folgende steigende Erwerbstätigkeit von Müttern führt dazu, dass die OGS im Rahmen der Betreuungsangebote ein äußerst wichtiger Baustein wird. Auf- und Ausbau von Ganztagsschulen wird dabei leider aus unserer Sicht immer nur unter Kostenaspekten betrachtet. Die positiven Aspekte und Nutzeneffekte sind dabei wissenschaftlich schon lange belegt.

Für alle Kinder lassen sich im Bezug auf die Bildungschancen durch die OGS positive Wirkungen auf den Schulerfolg feststellen. Im Hinblick auf Abbruch- und Übergangsverhalten, höhere Bildungsabschlüsse und bessere Lernerfolge zeigen einige Studien eindeutig positive Effekte. Anger, Plünnecke und Schmidt (2010) konnten aber insbesondere die positiven Effekte für sozial benachteiligte Kinder feststellen. So zeigten sich ein positiver Einfluss auf sowohl die späteren beruflichen Möglichkeiten als auch auf die gesellschaftliche Integration dieser Kinder (vgl. Anger C., Plünnecke A., Schmidt J. 2010: Bildungsrenditen in Deutschland – Einflussfaktoren, politische Optionen und volkswirtschaftliche Effekte. Köln: Institutes der deutschen Wirtschaft).

Des Weiteren ermöglicht eine breites Betreuungsangebot erst die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. So ist es zum einen vielen Frauen erst dadurch möglich eine Berufstätigkeit anzunehmen, bzw. dem Arbeitsmarkt zur Verfügung zu stehen. Angesichts des seit Jahren schon angedrohten und beobachtbaren Fachkräftemangels in fast allen Branchen, wäre es fahrlässig, diesen Frauen den (Wieder)Eintritt ins Berufsleben zu erschweren.

Die langfristig entstehenden fiskalischen Nutzeneffekte zeigt eine Prognos Studie aus dem Jahre 2012 deutlich auf. So ist mit zusätzlichen Steuereinnahmen sowie Einnahmen der Sozialversicherungen durch das geänderte Erwerbsverhalten von Frauen zu rechnen. Mittel- bis langfristig zusätzliche Steuereinnahmen sowie Einnahmen von Sozialversicherungen, durch eine verbesserte Bildung der teilnehmenden Kinder und Jugendlichen. Sinkende Transferleistungen an finanzschwache Familien und insbesondere Frauen. Sinkende Transferleistungen an Kinder, durch eine Verbesserung der Bildungsförderung und damit verbesserte Aussicht auf ein finanziell abgesichertes Leben (vgl. Prognos AG (2012): Abschlussbericht Fiskalische Wirkungen des Ganztags in Nordrhein-Westfalen. Eine bildungsökonomische Studie).

Dies alles macht für uns die Hürden deutlich, die Kosten für die in Inanspruchnahme der Betreuungsmöglichkeiten der OGS so niedrig wie nur möglich zu halten.

Vor allem vor dem Hintergrund der Vererbung von Armut, sehen Bündnis 90/Die Grünen Grefrath hier eine Möglichkeit einzugreifen. Edelstein (2006) konnte aufzeigen, dass insbesondere Familien mit Kindern das höchste Armutsrisiko tragen. Das Armutsrisiko von Familien mit drei Kindern liegt bei 35 Prozent. Das Armutsrisiko betrifft vor allem Einelternfamilien, d.h. in der Regel alleinerziehende Mütter, Kinder mit mehreren Geschwistern, arbeitslose Eltern und Eltern mit geringem Schulabschluss (vgl. Edelstein, W. (2006): Bildung und Armut. Der Beitrag des Bildungssystems zur Vererbung und zur Bekämpfung von Armut. In: ZSE : Zeitschrift für Soziologie der Erziehung und Sozialisation 26 (2006) 2, S. 120-134).
Insbesondere diese Gruppe wäre von einem Zusatzbeitrag für Geschwisterkinder betroffen. Familien mit mehr als zwei Kindern in Betreuung hätten demnach auch eine unverhältnismäßige Last zu tragen.

Die Tatsache, dass die Elternbeiträge in der Gemeinde Grefrath mit durchschnittlich 50 € monatlich veranschlagt werden, lässt darauf schließen, dass sich die Beitragszahler in den unteren Einkommenkategorien befinden. Dass es nicht sinnvoll ist, hier höhere Beiträge festzulegen, dürfte klar sein.

Im regionalen Wettbewerb spielen laut Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend weiche Standortfaktoren eine zunehmend wichtige Rolle. „Zu diesen Standardfaktoren gehören gute Kinderbetreuungsangebote. Sie stärken das kommunale Leistungsprofil und üben insbesondere auf junge Familien eine besondere Anziehungskraft aus“. Gerade eine schrumpfende Gemeinde wie Grefrath sollte hier aktiv ihre Stärken repräsentieren. Unsere Gemeinde braucht mehr Kinder und mehr Familien.

Der in Punkt d) gemachte Vorschlag, die OGS-Plätze nur Berufstätigen zuzuteilen, ist aus unserer Sicht skandalös. Nicht nur vor den bisher gemachten Ausführungen, sondern auch vor dem Hintergrund, dass der Rat vor kurzem einer Resolution gegen Diskriminierung zugestimmt hat. Berufstätige und Nichtberufstätige gegeneinander auszuspielen ist aus unserer Sicht die falscheste aller Herangehensweisen.

Alles in allem ist es daher aus unserer Sicht nicht ratsam, die vorliegende Beschlussfassung in den Punkte b), c) und d) so wie beschrieben umzusetzen. Genaue Zahlen darüber, wie viele Familien in welcher Einkommengruppe sind, wäre hier als Entscheidungshilfe wichtig. Des Weiteren auch Informationen darüber, wie viele Familien mit mehr als 2 Kindern die OGS in Anspruch nehmen.

©2014je


Ergebniss zur Entwicklung der Offenen Ganztagsschule (OGS); Schuljahr 2014/2015:

17.02.2014: „Ratsherr Bedronka meldet für die Punkte b) bis d) Beratungsbedarf an und führt aus, dassseine Fraktion grundsätzlich für eine Aufnahme jedes Kindes in die Offene Ganztagsschule ist; kein Kind soll abgewiesen werden. Ratsfrau Hübecker und die Ratsherren Hagl und Drießen schließen sich dieser Auffassung an. Es besteht Einigkeit, zunächst nur den Buchstaben a) des Beschlussentwurfes zu beschließen. Die Details müssen noch, auch unter Berücksichtigung der schwierigen Haushaltslage und der demografischen Entwicklung, abgestimmt werden. Die im Sitzungssaal anwesende Frau Pscheidl, Leiterin der OGS, nimmt auf die Bitte vom Bürgermeister hin zum Anmeldeverfahren Stellung.

Beschlussvorschlag für den Rat:
a) Der Rat der Gemeinde Grefrath beschließt, dass die Anzahl der OGS-Plätze auf die im Schuljahr 2014/2015 benötige Zahl erhöht wird (voraussichtlich um insgesamt 22).

Abstimmungsergebnis:
Zustimmungen:13
Ablehnungen:-
Enthaltungen:-„
(Quelle: Niederschrift über die 19. Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses am 17. Februar 2014)

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