Haushaltsrede 2010

Sehr geehrte Mitbürgerinnen und Mitbürger,
sehr geehrter Herr Bürgermeister und Vertreter der Verwaltung,
liebe Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderates,

Herr Lommetz und Herr Rive haben es in ihren Eingangsreden zur Einbringung des Haushaltes in der letzten Ratssitzung bereits angesprochen. Die Weltwirtschaftskrise wirkt sich zunehmend auch massiv auf die heimische Wirtschaft und die kommunalen Haushalte aus. Steuereinnahmen brechen dramatisch ein, gleichzeitig steigen die Sozialausgaben. Kommunen sollen Kinder betreuen und für Sicherheit sorgen, Schulen sanieren und Abwasser beseitigen, Sozialhilfe zahlen und mit Investitionen das örtliche Handwerk stärken – kurzum ein attraktives Umfeld vor Ort garantieren. Diese Leistungen werden von Bund und Land den Kommunen auferlegt und gleichzeitig werden den Bürgerinnen und Bürgern immer weitere Leistungen versprochen. Wie das vor dem Hintergrund der sich zuspitzenden dramatischen Finanzlage realisiert werden kann, bleibt völlig offen. Die Schere zwischen wegbrechenden Einnahmen und explodierenden Ausgaben der Kommunen wird sich in den nächsten Jahren weiter öffnen. Bereits mit dem jetzt vorliegenden Haushalt haben wir unsere Ausgleichsrücklage zu fast 100% aufgebraucht. Zukünftige Verluste können nur noch durch die Inanspruchnahme der allgemeinen Rücklage ausgeglichen werden. Wir stehen daher als Gemeinde kurz vor dem Haushaltssicherungskonzept, welches, und da bin ich mit allen Ratskolleginnen und Kollegen sicherlich einer Meinung, unbedingt zu verhindern ist. Aus diesem Grunde wird es nicht mehr möglich sein, alle Wünsche, die vorhanden sind, auch umzusetzen.

Exemplarisch hierfür nehme ich das Lehrschwimmbecken in Oedt. Seinerzeit  wurde  das  Becken  aufgrund  der  zu  erwartenden Instandsetzungsmaßnahmen und der hohen laufenden Kosten gegen den Oedter Willen geschlossen. Nun hat uns die Verwaltung neue Vorschläge zur weiteren Verwendung des Beckens vorgelegt; anvisierte Kosten zwischen 175.000 € bis 470.000 €. Wie dieses in der aktuellen Lage finanziell umgesetzt werden kann, wurde jedoch leider nicht gesagt. Wir Grüne lehnen daher die vorliegenden Planungen zum Oedter Lehrschwimmbecken ab und bitten die Verwaltung um Vorlage einer oder mehrerer finanzierbarer Alternativen.

Aufgrund der aktuellen politischen und haushaltstechnischen Situation unterstützen wir die Forderungen des Städte- und Gemeindebundes nach einem Rettungsschirm für die Städte und Gemeinden. Schließlich müssen wir als Kommune stets die Suppe auslöffeln, die uns Land und Bund einbrocken indem sie wiederholt gegen das Konnexitätsprinzip (“wer bestellt, bezahlt“) verstoßen.

Des Weiteren möchten wir, dass die Grefrather Bürgerinnen und Bürger über die Finanzsituation ausreichend informiert und an der Finanzdiskussion der nächsten Jahre beteiligt werden. Es müssen gemeinsame Wege aus der Finanzmisere gefunden werden. Wir können nicht weiter Eigenkapital aufbrauchen und den nächsten Generationen einen riesigen Schuldenberg überlassen. Die jetzigen Generationen stehen vor der Aufgabe, ihre gute Lebensqualität und Infrastruktur zu erhalten, das heißt im Klartext, höhere Kosten mitzutragen oder einen ansonsten drohenden Qualitätsstandardabbau zu akzeptieren.
Gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern muss dieses diskutiert werden, denn ein weiter so wie bisher lässt den Schuldenberg immer weiter anwachsen. Die Möglichkeit der Bürger mit zu bestimmen schafft die Voraussetzung, dass der Bürger sich solidarisch mit den Sparmaßnahmen fühlt. Ansonsten sehen wir die Akzeptanz für ein, wie auch immer geartetes, Sparprogramm in der Bevölkerung für gefährdet, und wir werden großen Unmut erzeugen, gehen wir nicht auf unsere Bürger zu.

Als ersten Schritt hin zu einer intensiveren Bürgerbeteilung hat der Rat heute, auf grünen Antrag hin, eine  Kinder- und Jugendfragestunde eingerichtet. Langfristiges Ziel einer solchen Bürgerbeteilung (ja, auch Kinder und Jugendliche sind mündige Bürger unsere Gemeinde) könnte zum Beispiel eine gemeinsame Behandlung der für die Kinder und Jugendlichen betreffenden Haushaltspositionen sein. Warum sollte der betreffende Personenkreis nicht auch selber die Prioritäten setzen? Ich verweise diesbezüglich auch auf die stetig steigende Anzahl an Kommunen, die Bürgerhaushalte nutzen und hiermit teils nicht zu erwartende Erfolge erzielen.
Weitere Schritte hin zu einer intensiven Auseinandersetzung mit dem Bürger – in welcher Form auch immer – werden unserer Meinung nach hoffentlich folgen. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass zukünftige Haushalte zeitnah eingebracht werden und den Fraktionen und interessierten Bürgern ausreichend  Zeit  gegeben  wird,   sich  mit  dem  vorliegenden Zahlenmaterial konstruktiv auseinanderzusetzen.

Kernstück grüner Politik ist und bleibt eine nachhaltige und verantwortungsvolle Klimapolitik. Waren es bis vor einigen Jahren nur wir Grüne, die vor dem Klimawandel warnten, ist das Thema heute in aller Munde. Ein zentrales grünes Anliegen ist also in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Ein Problem zu erkennen führt jedoch nicht zwangsläufig dazu, auch das Richtige zu tun. Keine vollmundigen Versprechungen, sondern Taten für einen wirksamen und nachhaltigen Klimaschutz sind dringender denn je. Eine solche Tat der Gemeinde ist die Investition in die Erneuerung der Heizungsanlagen,   wenn  auch  diese   nur   aufgrund  des Konjunkturpaketes II zutragen kommt. Weitere Maßnahmen sind im Haushalt leider nicht erkennbar. Insbesondere ist nicht erkennbar, inwiefern die Verwaltung die mit dem letzten Haushalt einstimmig beschlossene Zielsetzung der 20%-igen Reduzierung der Energieverbrauchs innerhalb der nächsten fünf Jahre umzusetzen gedenkt. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an eine der eigentlichen Zielsetzungen des Neuen Kommunalen Finanzmanagements:
“Die Politik setzt Ziele und die Verwaltung schaut, wie sie diese erreichen kann.“

Allein  die   Energieaufwendungen  im  Grundstücks-   und Gebäudemanagement steigen von 2009 nach 2013 um ca. 47.000 €, das entspricht einer Steigerung um mehr als 10%. Die von uns bereits in den letzten Jahren immer wieder geforderten innovativen Finanzierungsinstrumente wie z.B. Contracting-Verfahren sind von der Verwaltung bis heute nicht vollumfänglich angenommen worden.

Der seit dem 01.07.2009 gesetzlich vorgeschriebene Energieausweis für bestimmte öffentliche Gebäude ist nunmehr seit annähernd acht Monaten überfällig. Der Energiebericht des Grundstücks- und Gebäudemanagements für 2009 steht ebenfalls noch aus. Insbesondere dieser wäre jedoch nach grünem Verständnis für eine Haushaltsberatung wichtig, da er aufzeigen könnte,   bei  welchen  Gebäuden  mit  zielgerichteten Investitionen langfristige Kosteneinsparungen zu erzielen wären.

Aus diesen Überlegungen heraus ergibt sich auch unser einziger Antrag zum Haushalt:
Teilnahme an der Durchführung des European Energy Award und Einstellung des kommunalen Eigenanteils in den Haushalt in Höhe von 3.500,- € jeweils für die Jahre 2010-2013; ich verweise insofern auf unseren Antrag vom 18.11.2009; gegenfinanziert werden können die Aufwendungen durch einen pauschalen Abschlag in Höhe von 1% auf die im Haushalt bereit gestellten Mittel für Energiekosten von 688.300,- €, da die Einsparung von Energiekosten ja Ziel der Teilnahme am Award ist. Jeder Euro, den wir jetzt in den Klimaschutz stecken, wird sich in den nächsten Jahren vervielfältigen und jeder Euro, den wir jetzt aus falschen Gründen einsparen, wird kommende Haushalte stärker und stärker belasten.

Abschließend  lassen  sie   mich  noch  einmal   auf   die Weltwirtschaftskrise  zurückkommen.   Vieles   hieran  ist vergleichbar mit dem Wetter. Die Entwicklung von beidem ist kurzfristig  gut   vorhersehbar.  Langfristige Vorhersagen sind dagegen völlig unmöglich. Wir wissen nicht, wann in diesem Jahr die Sonne scheinen wird und wann es regnen wird. Wir wissen nicht, ob der Wirtschaftsaufschwung noch in diesem Jahr kommt oder erst im nächsten oder im übernächsten Jahr und wie lange er dauern wird. Man kann Systeme wie die Wirtschaft und auch das Wetter mit der mathematischen Chaostheorie gut beschreiben. Die Theorie besagt, dass sich derartige Systeme zeitweilig scheinbar ruhig und geordnet entwickeln, die Wirtschaft beispielsweise in scheinbar regelmäßigen Konjunkturzyklen mal etwas mehr und mal etwas weniger wächst.
Dann gibt es ohne erkennbaren Anlass plötzlich Phasen, in denen die Schwankungen heftiger und kürzer werden. In einer solchen, turbulenten Phase befinden wir uns gerade. Dabei wissen wir zwei Dinge sicher – auch die nächsten Monate wird es wieder Wetter geben und die Wirtschaft wird wieder produzieren. Wir werden beides nicht entscheidend beeinflussen können und das ist wahrscheinlich auch gut so.

Hoffen wir dennoch, dass es dieses Jahr einen schönen Sommer geben wird und die Wirtschaft, insbesondere auch die ansässigen Betriebe, wieder einen Aufschwung verzeichnen. In diesem Sinne bleibt mir nur noch übrig, mich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung für die geleistete Arbeit und die gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit zu bedanken.

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen wird dem vorliegenden Haushalt zustimmen.
Danke !!!

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